Wie können die diffusen, fluiden, vagen, zuweilen aber auch sehr konkreten Freiheitsvorstellungen und Freiheitsbegriffe der Bürger*innen explizit gemacht werden? Wie können sie in den Austausch und in offene Diskurse überführt werden, in denen sich die »Freiheiten« aneinander reiben, miteinander konkurrieren, sich wechselseitig ergänzen, hinterfragen, weiterentwickeln und auch schärfen lassen?
Das Projekt »Im Namen der Freiheit« schafft Räume des Austauschs, Formen des Zuhörens und des kommunikativen Miteinanders im Wissenschaftsjahr 2024 – Freiheit. In ihnen können Menschen ihre Freiheitsvorstellungen untereinander teilen, miteinander konfrontieren und dialogisch verhandeln. Diese Räume entstehen im Verlauf des Jahres 2024 in verschiedenen Theatern, Geschichtswerkstätten, Stadtteilarchiven, Museen, Bibliotheken und an anderen Orten bundesweit – durch lokale oder regionale Initiativen, durch Individuen und auch durch Gruppen, die Freiheitsvorstellungen zusammentragen, artikulieren und in die Welt tragen möchten.
Warum finden die Versammlungen in Theatern statt?
Höhepunkte des Projekts »Im Namen der Freiheit« sind acht von Thorleifur Örn Arnarsson und Uwe Gössel in Kooperation mit verschiedenen ausgewählten Theatern inszenierte öffentliche Versammlungen mit Wissenschaftler*innen, Expert*innen, Künstler*innen und Bürger*innen. Parallel dazu führen sechzehn Projektpartner*innen in Werkstätten dezentrale Aktionen vor Ort durch.
Theater, historisch und architektonisch als gesellschaftliche Versammlungsorte konzipiert und gebaut, eignen sich besonders für Austausch. Sie ermöglichen eine zeitgleiche, horizontale Vernetzung von Menschen vor und auf der Bühne sowie mit dem Publikum. Theateraufführungen sind Ereignisse: Einzigartig, außeralltäglich, kommunikativ und transformativ für alle Beteiligten. So wie die Theateraufführung ist auch das Ausführen und Aufführen von Geschichte, ein sozialer und kommunikativer Prozess und kann als Ereignis verstanden werden: Ein Ereignis, das Ereignisse macht.
Das Projekt erinnert an und belebt zugleich ursprüngliche gesellschaftliche und kulturelle Funktionen des Theaters als Versammlungsort. Zugleich dokumentiert es vergangenheitsbezogene Freiheitserzählungen als Dimensionen oder auch Potentiale vergangener wie gegenwärtiger Freiheitsvorstellungen.
Wozu dokumentieren und archivieren wir die Diskurse?
In den Freiheitswerkstätten – wie auch bei den Theater-Versammlungen – können über »Erzählboxen« Beiträge zu Freiheits-Themen gesammelt werden, um auch und gerade lebensweltlich unmittelbar relevante, konkrete Freiheitsdiskurse zu dokumentieren.
Für die Dokumentation und Archivierung der im Projektverlauf angestoßenen Freiheitsdiskurse entwickelt und betreibt das Projekt eine allen Bürger*innen zugängliche Online-Sammlungsplattform. In ihr werden in Form von Audios, Videos, Texten oder Bildern Freiheitsvorstellungen und Beiträge aus der Bevölkerung gesammelt und dokumentiert, die sich um spezifische Freiheitsdiskurse drehen. Dazu gehören auch Dokumentationen aus den acht Theater-Versammlungen, den sechzehn Werkstätten sowie allen zum Wissenschaftsjahr 2024 – Freiheit und zum Thema »Freiheit« relevanten Projekten und Aktivitäten.
Die Sammlung garantiert die nachhaltige Dokumentation und Archivierung der mit Metadaten versehenen Beiträge. Sie wird am Ende des Projekts in die Langzeitarchivierung überführt, um die Sammlung auch zu späteren Zeiten für Forschung und künstlerische Nutzungen zur Verfügung zu stellen. Integraler Bestandteil des Archivs sind auch audiovisuelle Kurzdokumentationen, die von den acht Theater-Versammlungen erstellt werden: Wenige Minuten dauernde Video-Clips, die in einer gegenwärtigen Ästhetik die prägnantesten Momente der acht unterschiedlichen Theater-Versammlungen bündeln.
Ein abschließender, längerer Beitrag verbindet die acht Versammlungen und stiftet einen breiten Überblick. Damit rundet dieses abschließende, audiovisuelle Erzählformat die Projektaktivitäten ab.
Was wollen wir mit dem Projekt erreichen?
»Im Namen der Freiheit« hat zum Ziel Versammlungsöffentlichkeiten und Räume des Austauschs zu generieren. In diesen Räumen kann über Dimensionen, Aspekte und Bedeutungen von Freiheit gesprochen und gestritten werden. Hier wird auf unterschiedlichen Ebenen – vom Theater über die lokalen Werkstätten in den Communities bis hin zum individuellen Dabeisein und Mitmachen – Beteiligung für alle ermöglicht und gefördert.
Dabei vermittelt das Projekt nicht nur über Impulsbeiträge verschiedener Expert*innen Aspekte von Freiheit aus Wissenschaft, Kunst und Kultur an verschiedene Publika und Öffentlichkeiten, es ermöglicht und fördert auch und insbesondere den direkten Austausch, indem es dialogische, ko-kreative und kollaborative Austauschformate in den Mittelpunkt stellt und auf allen Ebenen realisiert. Somit führt das Projekt zugleich auf unterschiedlichen Ebenen Versammlungsöffentlichkeiten und mediale Öffentlichkeiten unterschiedlicher Reichweiten zusammen, sodass der Austausch, die Migration und die Entwicklung von Freiheits-Vorstellungen und -diskursen gefördert werden. Freiheit wird so auch unmittelbar erfahrbar – durch die eigene Beteiligung an diesen Diskursen, durch das Dokumentieren und Verbreiten eigener Beiträge, durch das Zuhören, Lernen und Streiten in freiheitlich-demokratischen Formen und Formaten.
»Im Namen der Freiheit« möchte verdeutlichen, dass dem Begriff der Freiheit keine eindeutige, feststehende Bedeutung zugeschrieben werden kann. Stattdessen sollen Vorstellungen von, Perspektiven auf und Kontroversen um »Freiheit« ermöglicht, geführt und dokumentiert werden. Ziel ist es, möglichst viele gesellschaftliche Diskurse auf unterschiedlichen Ebenen über das Thema Freiheit zu ermöglichen, auszulösen, zu verstärken und zu begleiten, um diese im Verlauf des Jahres in einer digitalen Sammlung nachhaltig zu dokumentieren und zu bewahren.