Am 21. September fand die dritte Theaterversammlung des Projekts „Im Namen der Freiheit“ zum Thema „Wir haben die Wahl“ am Staatstheater Cottbus statt. Die Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München Prof. Dr. Hedwig Richter lieferte den wissenschaftlichen Impuls. Begleitet wurde sie künstlerisch durch den BürgerSprechChor, den Kinderchor, die Schauspielerin Sophie Bock und andere. Die Moderation übernahm Prof. Dr. Melanie Jaeger-Erben, Professorin für Technik- und Umweltsoziologie an der BTU Cottbus.
Musik und Wissenschaft für die Demokratie
Flüsternd eröffnete der Kinderchor des Staatstheaters den Abend: „Arbeit sparet nicht noch Mühe“ – fragil schwebten die Worte von Brechts Kinderhymne durch den Saal und wurden von der Historikerin Hedwig Richter wieder aufgegriffen. Denn die Geschichte der Demokratie, die Richter in ihrem Vortrag beleuchtete, interpretiert sie zwar als eine Erfolgsgeschichte, aber auch als eine Geschichte steter Mühsal. Sie zeichnete nach, wie seit der amerikanischen Verfassungsgebung Wahlen erst eine Form finden mussten, der Kreis der Wahlberechtigten nicht ohne Gewalt erst schrittweise erweitert werden konnte und dass Wahlberechtigte bis heute immer wieder am Sinn des Wählens überhaupt zweifeln.
Demokratie, so Richter, funktionierte nie von selbst. Nur sind die Herausforderungen heute andere; umfassender, vielschichtiger, dringlicher wie z.B. der Klimawandel, der auch die westlichen Demokratien bedroht und den Einsatz jeder/s Einzelnen einfordert.
Eindrucksvolle Inszenierungen
Dass diese Mühsal aber möglichweise alternativlos ist, verdeutlichten die eindrucksvollen Beiträge der Schauspielerin Sophie Bock vom Cottbuser Ensemble, die unter anderem aus den Schriften der kanadischen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Margaret Atwood zitierte und mahnende dystopische Bilder jenseits von Demokratie zeichnete.
Die Verzahnung von wissenschaftlichem Vortrag und künstlerischer Inszenierung prägten diesen Abend, der von der Nachhaltigkeitswissenschaftlerin Melanie Jaeger-Erben moderiert wurde. Auch der BürgerSprechChor des Staatstheaters hatte einen eindrucksvollen Auftritt und interpretierte Heiner Müllers „Befreiung des Prometheus“.
Angeregte Diskussionen
Intensiv wurde anschließend bei der Fishbowl diskutiert. Insbesondere die Frage nach der Deutungshoheit über die gesamtdeutsche Geschichte und die Sorge über politische Bewegungen, welche die Ängste über die Zukunft spalterisch zu bewirtschaften verstehen, prägten die Diskussion. Die Bedrohung durch populistische Kräfte, die Ost-West-Debatte oder das Ringen um Anerkennung von Lebensleistungen im Osten waren hier die Themen. Die Tischgespräche hätten auch bis nach Mitternacht fortgesetzt werden können – so groß war der Redebedarf.
Fotos: Bernd Schönberger